Vision von einem „Werkraum Penzberg“ als gemeinnützigem Projekt

Alle. Zusammen. Arbeiten.

Die Vorstellung für einen künftigen „Werkraum Penzberg“ ist im Rahmen der Arbeit entstanden,
die der „Unterstützerkreis Penzberg Asyl“ in den vergangenen Monaten geleistet hat.
Neben dem Deutschunterricht in verschiedenen Leistungsgruppen, der individuellen Hilfe bei
behördlichen Fragen und dem Angebot persönlicher Begegnung in der Rathauspassage ist
die über die Sommermonate betriebene Fahrradwerkstatt ein Herzstück der Asylhilfe gewesen.
Im Zusammenhang mit der Instandsetzung gespendeter Räder und der in Auftrag gegebenen
Reparaturen haben die hier tätigen Ehrenamtlichen die vor allem männlichen jungen
Asylbewerber mit den Gepflogenheiten des deutschen Arbeitslebens vertraut gemacht
und etliche von ihnen in Praktika und Jobs hinein vermitteln können.

Weitere Projekte wie Veranstaltung von Fahrradturnieren, Möbelrestauration, Durchführung
von Kursen zum Erlernen von handwerklichen Fähigkeiten usw. haben aus Platzgründen
über den Sommer nicht stattfinden können, solange die Werkstatt übergangsweise in einer
städtischen Garage untergebracht gewesen ist. Während ihres vorherigen Bestehens in einer
kleinen, inzwischen abgerissenen Halle der Islamischen Gemeinde sind über die Fahrradreparaturen
hinaus auch andere Aktivitäten möglich gewesen, z.B. ein Trommelworkshop,
eine Kunstaktion unter Anleitung einer Malerin und ein Flohmarkt. Dort hat es auch
ausreichend Platz für Werkbänke und eingerichtete Arbeitsplätze für das Arbeiten in Gruppen
gegeben, ob mit Schülern aus den örtlichen Schulen oder mit freiwilligen Helfern. Jedes
Mal haben sich auch deutsche Jugendliche angesprochen gefühlt und beteiligt.

Zum einen soll nun die integrative Leistung eines solchen Betriebs für die Zukunft gesichert
werden, zumal die Stadt Penzberg ab Ende 2017 nochmals mit einem starken Zuzug von
Asylbewerbern zu rechnen hat. Ein Jahr nach dem großen Flüchtlingszuzug nämlich zeigt
sich bereits, dass außer fehlenden Deutschkenntnissen und vorhandenen beruflichen Qualifikationen
auch grundlegende Verhaltensformen und Wertvorstellungen erst zu schulen sind,
bevor die Ankömmlinge ins Arbeitsleben eingeführt werden können. Beide Seiten werden
hier mehr Geduld als zu Beginn gedacht entwickeln müssen, sowohl die deutsche Gesellschaft,
die eine umfassend kulturelle Bildung anzubieten haben wird, als auch die Zugezogenen,
die trotz oft hoher Motivation hiesige Realität zu akzeptieren haben werden.

Zum anderen aber darf ein solcher Betrieb künftig nicht ohne Anbindung an die Gesellschaft
bleiben, soll die damit erhoffte integrative Wirkung auch wirklich nachhaltig sein. Eine reine
Asylwerkstatt aufzubauen, hieße, die Asylbewerber und die paar wenigen Ehrenamtlichen
ohne Kontakthemmung unter sich zu lassen. Man wird die Bürgerschaft, denen man die
Asylbewerber zugeteilt hat, nicht auf einen Kontakt mit ihnen verpflichten können. Aber man
kann ein Angebot schaffen, welches wenigstens für einige Bevölkerungsgruppen etwas Attraktives
bereithält, sodass eine Werkstatt langfristig wirklich zu einem Ort der Begegnung
werden kann. Zunächst entstand so der Gedanken einer sogenannten „Offenen Werkstatt“,
wie es sie in vielen Städten bereits gibt, vergleiche etwa die „Werkbox 3“ in München
(http://www.werkbox3.de).

Das ländliche Umfeld der Stadt Penzberg ist jedoch bei dem Entwurf eines hier passenden
Konzepts mit zu bedenken. Penzberg ist noch nicht genügend nachverdichtet, als dass
Werkstattraum für eine große Zahl von Bürgern ein Problem wäre. In vielen Hinterhöfen findet
man Garagen oder Nebengebäude, in denen geschreinert und geschweißt wird. Ein Zufall
kommt der Konkretisierung der Projektidee zur Hilfe: Ein von der Stadt zur Miete angebotenes
Objekt liegt in direkter Nachbarschaft des Schulzentrums an der Karlstraße. Im Zuge
der Verdichtung der Lehrpläne für das Gymnasium leidet der Kunstunterricht, ein Werkunterricht
kann aufgrund baulicher Beengtheit gar nicht angeboten werden. Hier könnte ein Werkraum
in unmittelbarer Nachbarschaft die Kooperation mit Arbeitsgemeinschaften der Schule
erlauben oder auch als attraktives Freizeitangebot wahrgenommen werden.

So könnte ein „Werkraum Penzberg“ zwei sehr unterschiedliche Funktionen erfüllen: Er
könnte Asylbewerbern als ein Ort angeboten werden, an dem sie in praktische und soziale
Erfordernisse der deutschen Arbeitswelt eingeführt werden. Und er könnte der Jugend als
ein Ort dienen, an dem man künstlerischen und handwerklichen Interessen nachgeht, für die
es in der Schule weder Zeit noch Raum gibt. Vor diesem Hintergrund wäre also bei der Entwicklung
des Projekts von vornherein an eine Zusammenarbeit mit dem Gymnasium zu denken.
Die Realschule dagegen könnte unter einem ganz anderen Aspekt als Gesprächspartner
hinzugezogen werden: Dort gibt es zwar einen Werkzweig, der jedoch zunehmend Mühe
hat, überhaupt noch zustande zu kommen. Zu klären wäre, inwiefern man hier Zugang zu
bereits auf hohem Niveau ausgestatteten Werkstätten bekommen könnte.

Neben dem Einbezug der Schulen wäre auch an die IHK zu denken. Zwar wird einstweilen
noch alle Arbeit ehrenamtlich geleistet, eine professionelle Begleitung hinein in die Arbeitsbefähigung
gibt es vor Ort noch nicht. Doch hier könnte von einer lokalen Institution aus der
IHK mit ihrem Interesse an einer Auslastung vorhandener Ausbildungsstellen Hilfe entgegengebracht
und im Gegenzug auch auf Unterstützung gehofft werden. Somit ist der „Werkraum
Penzberg“ als ein von vornherein auf Gemeinnützigkeit ausgerichtetes Sozialprojekt
gedacht, welches der Bewältigung der gesellschaftlichen Aufgabe der nächsten Jahre, der
Integration von Zuwanderern, ebenso dient wie der im Zuge des demographischen Schwundes
beeinträchtigten Zukunftsperspektiven handwerklicher und mittelständischer Betriebe.

Die erhofften Effekte sollen jedoch in einem auf Gemeinschaftserleben setzendes Tun gründen,
getragen von einem miteinander genossenen Becher Tee zwischendurch wie von immer
wieder gemeinsam veranstalteten größeren Events. Es geht also insgesamt mehr um
ein gemeinschaftliches Tun im Bereich einfachen handwerklichen Arbeitens und kreativer
Tätigkeit als um ein ausbildungsartiges Geschehen in einer firmenähnlichen Umgebung. Es
geht um die Bestätigung menschlichen Angenommenseins in einem von tatsächlicher Arbeit
geprägten Umfeld und dabei um das Erforschen eigener Kompetenzen wie auch um das
Erlebnis eines auf Selbstwirksamkeit aufbauenden Selbstvertrauens. Eine Zusammenarbeit
mit der „Kunstzeche e.V.“, die sich in der Vergangenheit immer wieder mit verschiedenen
Kursen vor allem an Kinder und Jugendliche gewandt hat, wäre hier denkbar. Und das „Familienzentrum
Arche Noah“ hat sein Interesse an einer Kooperation bereits bekundet.

Ziel ist es, in den Räumen an der Christianstraße in Form einer gUG (gemeinnützige Unternehmergesellschaft,
haftungsbeschränkt), einer vor allem für soziale und kulturelle Projekte
wie z.B. Bildungs- und Betreuungseinrichtungen genutzten Rechtsform, eine dauerhafte Einrichtung
zu schaffen. Sie soll regelmäßige Öffnungszeiten haben und die Möglichkeit eines
praktikumsähnlichen Beschäftigungsprogramms zur Vorbereitung aufs Berufsleben bieten –
besteht doch das Gros der derzeit hier lebenden Flüchtlinge aus jungen Männern unter 30
Jahren. Daneben sollen minderjährige Flüchtlinge, die in einer eigenen Übergangsklasse an
der Mittelschule zusammengefasst sind, mit den Angeboten der Werkstatt erreicht werden.
Umgekehrt gibt es auch für deutsche Jugendliche in der Stadt bislang keinen auf handwerkliches
Tun ausgerichteten Anlaufpunkt. In Zusammenarbeit mit den Schulen soll ihnen der
Werkraum als ein attraktiver Ort nahe gebracht werden. Eine Kooperation mit der IHK könnte
darüber hinaus helfen, allen für unseren Arbeitsmarkt fit zu machenden Kräften – seien es
hier geschulte junge Leute oder Zugezogene mit Nachholbedarf – an diesem Ort in Form von
Kursen ein passendes Angebot zu machen.

Repaircafés und Urban Gardening Areale zeigen in den vergangenen Jahren zunehmend
den hohen technischen und sozialen Nutzen solcher auf gemeinschaftliches Tun angelegten
Projekte: technisch, weil oft verloren gehendes handwerkliches Knowhow von Älteren an
Jüngere weitergegeben wird, sozial, weil hierbei lose Nachbarschaften zu wirklichen Gemeinschaften
werden. Ziel des Projekts „Werkraum Penzberg“ ist es, einen Ort entstehen zu
lassen, der über einem gemeinsamen Interesse vergessen lässt, dass Menschen mit ganz
unterschiedlichen Hintergründen hier zusammenkommen. Einen Ort, an dem Herkunft, Religion,
Alter oder Bildungsweg keine Rolle spielen, an dem man Wissen und Kenntnisse austauschen
kann und der spontane Kreativität ebenso erlaubt wie gezielte Weiterbildung. Einen
Ort, der all dies möglich macht, weil Menschen im Tätigwerden zusammen kommen.